Meine Genesung von ME/CFS & Long Covid

Mitte 2020 erkrankte ich an Long Covid.

Wie es dazu kam? Mehrere Viruserkrankungen, chronischer Stress, falsche Empfehlungen und viel Unwissenheit, das ist die Kurzvariante.

Die Long-Story sieht so aus: Anfang 2020 habe ich mich nach meinem ersten juristischen Staatsexamen (lange stressige und emotionale Prüfungsphase) mit Covid oder einem anderen Virus angesteckt. Von diesem habe ich mich nicht mehr wirklich erholt. Auch nach Ende der akuten Infektion, blieben Symptome wie Fatigue, Atembeschwerden, Brain Fog, Grippegefühl etc.

Niemand konnte mir sagen, was eigentlich mit mir los war.

Die vielen aufgesuchten Ärzte versicherten mir, ich sei "kerngesund", verwiesen mich an den nächsten Facharzt oder schoben die Symptomatik auf Nachwirkungen des Prüfungsstresses und in den psychosomatischen Bereich.

Die ärztlichen Empfehlungen lauteten meist, viel Sport machen, gesund ernähren und weiter am Leben teilnehmen. Das habe ich auch gemacht. Ich bin in mein Referendariat gestartet, habe diverse Yoga-Ausbildungen absolviert, Symptome versucht zu ignorieren und "einfach" weitergemacht, ohne wirklich auf meinen Körper zu hören, der immer kränker wurde. Leider wusste ich es damals nicht besser und habe sicher auch zur Chronifizierung meines Zustandes beigetragen.

Durch das langsam aufkommende Wissen um Post- und Long Covid erhielt ich dann auch von ärztlicher Seite:

Die Diagnose Long Covid und ME/CFS

Gaaaanz ganz langsam ging es mir dann besser und es gab auch gute Phasen, bis 2021 eine weitere Covid-Infektion folgte, die mir dann komplett den Boden unter den Füßen wegzog, trotz Impfungen. Die folgenden Wochen und Monate verbrachte ich hauptsächlich auf der Couch oder im Bett, mit massiven Symptomen, ohne jegliche Verbesserung durch Schlaf oder Ausruhen. Fast alles musste pausiert werden. Damit nicht genug, 2022 fing ich mir die dritte Covid-Infektion ein und ich fühlte mich unfassbar frustriert und ohnmächtig.

Alle im Internet verfügbaren Tools und Techniken hatte ich ausprobiert, ohne nachhaltige Verbesserung festzustellen. Ich hatte ernsthafte Zweifel, ob ich jemals wieder "richtig" am Leben teilnehmen könnte, d.h. ohne Einschränkungen und ständige Symptome.

Nothing changes, if nothing changes.

Ich wusste, so kann es nicht mehr weitergehen, ich muss etwas ändern. Wenn mir niemand helfen kann, dann muss ich mir selbst helfen. In den nächsten 1,5 Jahre habe ich meinen Fokus komplett geändert, weg von der Krankheit hin zu Gesundheit.

Soweit meine Energie es zuließ, habe ich mich intensiv damit beschäftigt, was Gesundheit (für mich) bedeutet und was ich selbst tun kann, um die Selbstheilungskräfte des Körpers zu fördern. Meine diversen Ausbildungen im Ayurveda, der Yogatherapie und Nervensystemarbeit haben mir ein neues Verständnis der Erkrankung und meiner Gesundheit geschenkt und ich habe verstanden, dass mein Körper weder kaputt noch falsch ist und, dass es viele Dinge gibt auf die ich auch mit wenig Energie Einfluss habe.

Was mir geholfen hat

Ich würde euch gerne sagen, dass mein morgendlicher Selleriesaft die Lösung aller Probleme war oder mein Gesicht in Eiswasser zu tauchen mein Nervensystem geheilt hat. So einfach war es leider nicht. Vermeintliche Quick-Fixes verursachen oft mehr Schaden als Gutes.

Da ME/CFS eine Multisystem-Erkrankung ist, braucht es einen ganzheitlichen Ansatz, der der Komplexität der Erkrankung und auch den Lebensumständen und der Individualität jeder Person gerecht wird.

Für mich habe ich diesen in der Ayurveda-Medizin, Yogatherapie und der Nervensystemarbeit gefunden.

Einige grundsätzliche Anmerkungen

Meiner Meinung nach gibt es verschiedene Stadien der Genesung. Zu wissen wo man selbst gerade steht, ist wichtig, um die passenden Therapien oder Tools für sich zu wählen. Auch sind die Krankheitsverläufe unterschiedlich. Was für die eine Person funktioniert, kann für jemand anderen überhaupt nicht funktionieren. Ihr kennt euch im Zweifel am besten. Insgesamt war mein Weg zur Genesung lang und holprig. Rückblickend erscheint er mir wie ein großes Puzzle, welches sich Stück für Stück zusammengesetzt hat.

Meine Gamechanger

Ich glaube, dass das, was wir täglich tun und wie wir es tun, summiert einen enormen Einfluss auf die Genesung hat und DER Schlüssel für nachhaltige Veränderung ist. Ich habe mich daher bemüht, die Krankheit nicht mehr wie bislang zu bekämpfen, sondern den Fokus darauf zu legen, wie ich meinen Körper unterstützen kann zu heilen und ihm dabei nicht noch zusätzlich im Weg stehe.

Meine daily Gamechangers

  • Fokus auf Gesundheit statt Krankheit! (Healing-Mindset kultivieren)

  • Radikale Akzeptanz meines aktuellen Zustands

  • Radikale Selbstverantwortung

  • Verständnis der Erkrankung (Nervensystemhypothese, Ayurveda)

  • Tägliche aktive Erholung!!! (absoluter Gamechanger! Minimum 2x sanftes Yoga oder Meditation)

  • Verständnis meiner Baseline (Adieu push+crash-cycle)

  • Klare Tagesroutine, Schlaf in den Griff bekommen

  • Angepasste Bewegung (Yoga fürs Nervensystem, Yogatherapie)

  • Notfallübungen für Crashs/stressige Situationen und konstruktiver Umgang mit Emotionen und Symptomen

  • Mindset-Arbeit, Brain Retraining, Arbeit mit inneren Anteilen

  • Radikal Grenzen setzen

There's No One-Size-Fits-All

Generell glaube ich, dass Genesung sehr unterschiedlich aussehen kann und es leider keine One-size-fits-all Lösung gibt. Die aufgelisteten Punkte entstammen nur aus meiner eigenen Erfahrung als Betroffene und haben lediglich anekdotische Evidenz.

Falls euch einige der Punkte angesprochen haben, testet diese gerne selbst mit Verstand. Aus meiner Erfahrung gibt der Körper meist relativ schnell Feedback, ob eine Maßnahme hilft oder nicht. Befindet man sich noch ganz am Anfang der Genesung, kann es jedoch etwas länger dauern, bis der Körper positiv reagiert.

Falls ihr Fragen oder Anmerkungen habt, schreibt diese gerne in die Kommentare. :)

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